Hand aufs Herz: Der schlimmste Moment eines jeden Allgäu-Trips ist der, wenn die Alpenkette im Rückspiegel kleiner wird und schließlich ganz verschwindet. Was bleibt, sind oft nur Fotos auf dem Smartphone und vielleicht ein leichtes Ziehen der Wadenmuskulatur. Aber das muss nicht sein. Das Allgäu ist eine Region, die man schmecken kann, und wer clever ist, nimmt sich dieses Geschmackserlebnis einfach mit. Wir reden hier nicht von vakuumiertem Supermarktkäse, der irgendwo in einer Fabrikhalle in Norddeutschland verpackt wurde. Wir reden von Hofläden, bei denen du fast über die Gummistiefel des Käsers stolperst, wenn du zur Theke willst. Es geht um Orte, an denen die Luft schwer ist vom Duft würziger Laibe, süßen Honigs und Kräutern, die tatsächlich auf der Wiese nebenan gewachsen sind.
Das Phänomen der "essbaren Souvenirs" hat im Voralpenland eine lange Tradition, doch die Qualität schwankt. Manchmal landet man in Touristenfallen, wo der Senf mehr nach Zucker schmeckt als nach Senfsaat. Deshalb habe ich mich für dich durchprobiert. Die folgende Auswahl ist subjektiv, aber ehrlich. Es sind Orte, an denen ich selbst anhalte, wenn der Kühlschrank daheim gähnende Leere anzeigt und ich Bock auf etwas Ehrliches habe. Pack am besten gleich eine Kühltasche ein, denn bei diesen sieben Adressen wirst du sie brauchen.
Dorfkäserei Nußbaumer: Der 24-Stunden-Retter
Manchmal passt der Hunger nicht zu den Ladenöffnungszeiten, oder du hast den ganzen Tag am Großen Alpsee verbummelt und merkst erst auf dem Rückweg, dass der Kühlschrank im Ferienhaus leer ist. Genau hier kommt die Dorfkäserei Nußbaumer ins Spiel. Gelegen an der Konstanzer 1 in Oberstaufen, ist dieser Laden eine Institution, an der man eigentlich nicht vorbeikommt, wenn man im Oberallgäu unterwegs ist. Was den Laden so besonders macht, ist nicht nur die schiere Qualität der Heumilch-Käsespezialitäten, sondern die fast schon unheimliche Verfügbarkeit.
Klar, der Laden selbst hat an sieben Tagen die Woche geöffnet – eine Seltenheit in ländlichen Regionen, wo der Sonntag oft noch heilig und geschäftsfrei ist. Aber der eigentliche Clou sind die Automaten. Sowohl hier als auch am Stammhaus in Vorderreute stehen diese stummen Diener bereit. Es hat schon was fast Meditatives, nachts um elf Uhr noch schnell ein Stück Bergkäse aus dem Automaten zu ziehen, während um einen herum die Grillen zirpen. Die Website www.dorfkaeserei.com gibt zwar Infos, aber das Erlebnis vor Ort ist entscheidend. Der Käse hier hat Charakter, er schmeckt nach der Wiese, die man draußen sieht. Es ist dieser Mix aus Hofladen-Charme und pragmatischer "Wir sind immer für euch da"-Mentalität, der Nußbaumer zu einem verlässlichen Ankerpunkt macht.
Bio Hofladen und Hofkäserei Tannenhof: Transparenz bis in die Rinde
Fahren wir ein Stück weiter ins Westallgäu. Opfenbach ist vielleicht nicht der Nabel der Welt, aber kulinarisch ein Schwergewicht, wenn man den Tannenhof ansteuert. Die Adresse Oberschwabenstraße 16 ist für Leute, die es ganz genau wissen wollen. Hier wird nicht nur verkauft, hier wird Haltung demonstriert. Seit 1992 wirtschaftet der Hof nach Bioland-Richtlinien, und das schmeckt man nicht nur, das sieht man auch.
Wenn du den Laden betrittst, riecht es nicht steril, sondern lebendig. Die Verbindung aus Ferienhof, Käserei und Laden ist so eng, dass die Grenzen verschwimmen. Spannend ist dabei, dass du durch die "gläserne Produktion" oft direkt sehen kannst, was mit der Milch passiert. Es ist ein geschlossener Kreislauf: Das Gras wächst draußen, die Kuh frisst es, die Milch fließt in den Kessel, der Käse landet in deiner Tasche. Wer auf der Website www.tannenhof-allgaeu.de stöbert, bekommt einen Vorgeschmack, aber die Realität ist überzeugender. Es ist der ideale Stopp, wenn man zwischen Bodensee und Alpen pendelt und ein Mitbringsel sucht, bei dem man kein schlechtes Gewissen haben muss. Ein Tipp am Rande: Nimm dir Zeit für eine kleine Runde um den Hof, bevor du einkaufst. Der Appetit kommt beim Anblick der glücklichen Wiederkäuer von ganz allein.
Hofkäserei Kraus: Ehrlich währt am längsten
In Obergünzburg, genauer in der Hauptstraße 19, ticken die Uhren noch ein bisschen anders. Die Hofkäserei Kraus ist kein Disneyland für Touristen, sondern ein ehrlicher Handwerksbetrieb. Hier kauft die Oma aus dem Dorf ihren Käse fürs Abendbrot, und das ist immer das beste Qualitätsiegel, das ein Laden haben kann. Wenn die Einheimischen Schlange stehen, stell dich einfach dazu.
Der Laden ist kompakt, fast schon puristisch. Kein Schnickschnack, keine unnötige Deko, die vom Produkt ablenkt. Es geht um Käse, Punkt. Besonders wer plant, zu Hause echte Allgäuer Kässpätzle zu kochen, kommt an Kraus kaum vorbei. Die Mischung für den perfekten Schmelz und die richtige Würze kriegt man hier blind zusammengestellt. Ein Blick auf www.hofkaeserei-kraus.de hilft bei den Öffnungszeiten, denn die werden hier strikt eingehalten – was auch gut so ist, denn guter Käse braucht auch Ruhe, nicht nur beim Reifen. Es ist dieser unaufgeregte Stil, der mir gefällt. Du gehst rein, sagst was du brauchst, bekommst erstklassige Ware in die Hand gedrückt und gehst glücklich wieder raus.
Hofkäserei Lipp: Wo die Würze wohnt
Jetzt wird es deftig. Die Hofkäserei Lipp in Rückholz (Stelle 1) ist so etwas wie der Fels in der Brandung für Liebhaber kräftiger Aromen. Rückholz liegt herrlich ländlich, und die Anfahrt allein ist schon entspannend, vorbei an Wiesen, die so grün sind, dass es fast in den Augen wehtut. Lipp ist bekannt für Käsesorten, die nicht flüstern, sondern laut "Hier bin ich!" rufen.
Der Hofladen hat diesen typischen, leicht kühlen Geruch von reifendem Käse, der einem sofort das Wasser im Mund zusammenlaufen lässt. Die Öffnungszeiten sind verlässlich, was bei Hofläden nicht immer selbstverständlich ist. Was mir hier besonders auffällt, ist die Beratung. Wenn du keine Ahnung hast, welcher Käse zu deinem Rotwein am Abend passt, wird dir hier geholfen, ohne dass man dich dumm von der Seite anschaut. Die Website ist informativ, aber das Probierstückchen, das dir vielleicht über die Theke gereicht wird, ist das eigentliche Argument. Es ist ein Ort für gezielte Täter: Wer hierher kommt, will keine 08/15-Scheibletten, sondern Käse mit Ecken und Kanten.
Puntzelhof Allgäuer Delikatessen: Der Garten im Glas
Genug vom Käse? Unmöglich, eigentlich. Aber zur Abwechslung biegen wir mal nach Waltenhofen ab. Im Greuth 6 findest du den Puntzelhof, und das ist eine ganz andere Welt. Hier geht es um das Feine, das Eingemachte, das Veredelte. Wenn du Geschenke suchst, bei denen die Beschenkten wirklich große Augen machen, bist du hier richtig. Es ist fast so, als würde man die Speisekammer einer sehr begabten Allgäuer Großmutter plündern.
Das Sortiment ist eine wilde Fahrt durch den Bauerngarten: Fruchtaufstriche, die wirklich nach Frucht schmecken und nicht nur süß sind, Senfvariationen, die man so im Supermarkt nie findet, und Essige, die jedem Salat Beine machen. Besonders angetan haben es mir die ungewöhnlichen Kreationen wie Heu-Essig oder Tannenwipfel-Essig. Das klingt im ersten Moment vielleicht schräg, schmeckt aber sensationell und transportiert das Aroma des Waldes direkt auf den Teller. Unter www.puntzelhof.de kann man sich Appetit holen. Der Laden selbst ist liebevoll eingerichtet, man stöbert gerne, dreht Gläser in der Hand und entdeckt immer wieder was Neues. Liköre und Schnäpse gibt es auch – perfekt, um ein deftiges Allgäuer Mahl abzurunden.
Allgäuer Honigladen: Das Gold von Oberstaufen
Zurück nach Oberstaufen. In der Rothenfelsstraße 7 summt es zwar nicht laut, aber das Ergebnis fleißiger Bienenarbeit steht hier in Reih und Glied. Der Allgäuer Honigladen der Familie Schehle ist ein Fachgeschäft, wie es im Buche steht. Honig ist im Allgäu ein riesiges Thema, denn die Vielfalt der Blüten auf den Almwiesen sorgt für Geschmacksnuancen, die ein simpler Rapshonig aus der Monokultur niemals erreichen kann.
Hier gibt es nicht einfach "Honig". Hier gibt es sortenreine Spezialitäten, die mal karamellig, mal blumig, mal fast schon herb schmecken. Dazu kommen veredelte Produkte wie Honigsenf oder Honig-Balsamessig. Was ich an diesem Laden mag, ist die Expertise. Man merkt sofort, dass hier Imker am Werk sind, die ihre Bienen verstehen. Neben dem Essbaren gibt es auch Propolis, Gelee Royale und wunderschöne Bienenwachskerzen. Wer auf www.allgaeuer-honigladen.de schaut, sieht die Vielfalt, aber den Duft von Bienenwachs, der im Laden hängt, kann das Internet noch nicht übertragen. Es ist der perfekte Ort für süße Mitbringsel, die nicht schmelzen, wenn die Heimfahrt im Sommer mal etwas länger dauert.
Allgäuer-Wanderimkerei: Honig für Fortgeschrittene
Zum Abschluss noch ein Abstecher nach Maierhöfen, zum Untersteig 3. Die Allgäuer-Wanderimkerei ist eine Instanz. Der Name "Wanderimkerei" verrät schon das Prinzip: Die Bienen bleiben nicht stur an einem Ort, sondern werden dorthin gebracht, wo es gerade am besten blüht. Das sorgt für eine Qualität und Reinheit, die man schmeckt.
Der Laden wirkt professionell und doch bodenständig. Hier stehen naturbelassene Honige im Vordergrund, gewonnen an pestizidfreien Standorten – ein Argument, das heute wichtiger ist denn je. Besonders cool finde ich die Geschenksets. Man kann sich kleine Probiersets zusammenstellen, was super ist, wenn man sich (wie ich oft) nicht entscheiden kann. Auch hier gibt es die ganze Palette an Bienenpower: Blütenpollen, Propolis und Co. Auf www.allgaeuer-wanderimkerei.de bekommt man einen Eindruck von der Tradition, die hier gelebt wird. Es ist der ideale letzte Stopp, um sich mit einem Glas Waldhonig einzudecken, das man dann an grauen Novembertagen zu Hause öffnet, um sich für einen Moment zurück auf eine Allgäuer Sommerwiese zu träumen.