Ostallgäu & Königswinkel

Die Osterseen: Ein verzweigtes Netz aus Seen, Mooren und jede Menge Stille

Südlich von München, wo die Isar noch jung ist und die Alpen nah genug für ein Foto, liegt ein Labyrinth aus 20 Seen. Manche davon kennst du vielleicht vom Radfahren, andere entdeckst du nur zu Fuß. Hier ist das Wasser klar, das Moor nass und die Ruhe echt.

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Zwischenablage

Die Osterseen verdanken ihre Existenz dem Rückzug der Gletscher am Ende der letzten Eiszeit. Vor rund 18.000 Jahren schmolz das Eis, hinterließ Vertiefungen im Gelände und schuf damit die Grundlage für ein System aus etwa 20 Einzelseen zwischen Iffeldorf und Seeshaupt. Dass die Seen heute noch so klar und relativ unverbaut daliegen, ist keine Selbstverständlichkeit. Der gesamte Bereich steht unter Naturschutz, was bedeutet: kein Massentourismus, keine Badestege an jedem Ufer, keine Motorboote.

Die Landschaft hier ist eigen. Du siehst Schilf, das meterhoch aus dem Wasser ragt, dazwischen Erlenbrüche und Moorwiesen, die im Frühjahr feucht glänzen. Manche Seen sind nur durch schmale Kanäle oder Bäche miteinander verbunden, andere liegen isoliert zwischen den Hügeln. Der größte unter ihnen, der Große Ostersee, misst knapp 1,1 Quadratkilometer und erreicht an seiner tiefsten Stelle 28 Meter. Daneben gibt es winzige Gewässer, die kaum einen Namen tragen und auf manchen Karten gar nicht auftauchen.

Wasser, das wandert

Spannend ist dabei, dass die Osterseen hydrologisch eng mit der Ammer verknüpft sind. Ein Teil des Wassers stammt aus Quellen, die tief im Kalkgestein der Alpen entspringen. Das erklärt die ungewöhnliche Klarheit: Kalkreiches Wasser ist oft transparent, manchmal schimmert es türkis, wenn das Licht richtig fällt. Im Sommer kann man stellenweise bis auf den Grund schauen, auch wenn das Wasser drei, vier Meter tief ist.

Die Ammer selbst fließt südlich der Seen vorbei, aber unterirdische Zuflüsse und Sickerströme verbinden beide Systeme. Wer sich für Hydrogeologie interessiert, findet hier ein Lehrbuchbeispiel für glazial geprägte Feuchtgebiete. Wer einfach nur baden will, freut sich über die Temperatur: Im Hochsommer kratzen manche Seen an der 22-Grad-Marke, was für bayerische Verhältnisse durchaus angenehm ist.

Rund um den Großen Ostersee

Der klassische Einstieg ist der Große Ostersee. Vom Parkplatz bei Iffeldorf läufst du in zehn Minuten ans Ufer. Der See hat zwei offizielle Badestellen, beide mit Kies und flachem Einstieg. An Sommerwochenenden wird es voll, das muss man wissen. Familien aus München fahren hierher, weil die Anreise kurz ist und die Kinder gefahrlos planschen können.

Aber schon ein paar hundert Meter weiter, entlang des Nordufers, wird es stiller. Ein Trampelpfad führt durch Laubbäume, vorbei an Stellen, wo das Schilf so dicht steht, dass du das Wasser nur erahnen kannst. Hier hörst du vor allem Vögel. Blässhühner, Stockenten, manchmal einen Haubentaucher. Im Herbst, wenn das Licht schräg durch die Bäume fällt und die Blätter kupferrot leuchten, ist dieser Weg fast kitschig schön.

Du kannst den Großen Ostersee komplett umrunden, das dauert knapp zwei Stunden und ist weitgehend flach. Der Weg führt durch Wald, über Wiesen und an kleineren Gewässern vorbei. An einer Stelle überquerst du einen Holzsteg, der über ein mooriges Stück führt. Unter dir gluckst das Wasser, und wenn du genau hinschaust, siehst du winzige Frösche zwischen den Wasserpflanzen.

Die kleineren Seen: Frechensee, Lustsee und Stechsee

Westlich vom Großen Ostersee liegen drei kleinere Gewässer, die oft übersehen werden. Der Frechensee ist der größte von ihnen und lockt vor allem Ruhesuchende an. Hier gibt es keine ausgewiesene Badestelle, aber das Ufer ist stellenweise zugänglich. Das Wasser ist flach, der Boden sandig und mit Algen bewachsen. Im Sommer riecht es leicht modrig, was manche mögen und andere nicht.

Der Lustsee trägt seinen Namen zurecht: Er liegt versteckt zwischen Bäumen, und du erreichst ihn nur über einen schmalen Pfad. Kein Schild weist den Weg, keine Bank lädt zum Verweilen. Dafür hast du oft das ganze Ufer für dich allein. Das Wasser schimmert dunkel, fast schwarz, weil der Grund mit Torf bedeckt ist. Trotzdem ist es erstaunlich klar.

Der Stechsee liegt etwas abseits und ist von dichtem Schilfgürtel umgeben. Baden ist hier schwierig, aber wer ein Fernglas dabeihat, kann Eisvögel beobachten. Die kleinen, blau schillernden Vögel jagen hier nach Fischen und sitzen gerne auf überhängenden Ästen. Geduld brauchst du allerdings schon.

Moore und Feuchtwiesen

Zwischen den Seen ziehen sich ausgedehnte Moorgebiete hin, die ökologisch wertvoll und landschaftlich reizvoll sind. Einige dieser Flächen sind nur schwer zugänglich, was gut so ist, denn Moore reagieren empfindlich auf Störungen. Andere kannst du auf Holzstegen durchqueren, ohne den Boden zu betreten.

Typisch für die Osterseen-Region sind die sogenannten Streuwiesen. Das sind extensiv genutzte Feuchtwiesen, die einmal im Jahr gemäht werden, meist im Spätsommer. Die Mahd dient nicht als Futter, sondern wird als Einstreu für Ställe verwendet, daher der Name. Auf diesen Wiesen wachsen seltene Pflanzen wie das Breitblättrige Knabenkraut oder die Sibirische Schwertlilie. Im Mai und Juni blühen sie in allen Farben, das lohnt einen Besuch.

Die Moore selbst sind dunkle, feuchte Orte. Im Frühjahr, wenn das Schmelzwasser steht, kannst du das Wasser fast hören. Es tropft von den Ästen, sickert durch den Torf, sammelt sich in kleinen Mulden. Der Geruch ist intensiv, erdig und feucht. Wer das mag, wird hier glücklich.

Wandern und Radfahren

Das Wegenetz rund um die Osterseen ist gut ausgebaut, aber nicht überlaufen. Es gibt mehrere Rundwege, die unterschiedlich lang sind und sich kombinieren lassen. Eine beliebte Route startet in Iffeldorf, führt am Großen Ostersee entlang, dann weiter zum Frechensee und zurück über den Staltacher Wald. Rund 12 Kilometer, alles flach, gut machbar in drei Stunden.

Für Radfahrer gibt es asphaltierte Wege und Schotterpisten. Der Abschnitt zwischen Iffeldorf und Seeshaupt ist besonders schön, weil du immer wieder Ausblicke auf die Seen hast. Allerdings ist der Weg schmal, und du solltest auf Fußgänger achten. An Wochenenden kann es eng werden.

Eine längere Tour führt von Penzberg über die Osterseen bis nach Seeshaupt an den Starnberger See. Das sind knapp 30 Kilometer, mit ein paar sanften Anstiegen. Die Strecke ist abwechslungsreich: Wald, Wiesen, Dörfer, dann wieder Wasser. Am Ende steht die Belohnung in Form eines Sprungs in den Starnberger See, der nochmal eine Nummer größer und kühler ist.

Baden: Wo es geht und wo nicht

Offizielle Badestellen gibt es nur am Großen Ostersee. Dort ist das Baden erlaubt und auch überwacht. An den anderen Seen ist es komplizierter. Grundsätzlich ist das Baden nicht verboten, aber es gibt Einschränkungen. Viele Uferbereiche sind Naturschutzgebiet, betreten ist nicht erlaubt. Wo kein Schild steht, gilt der gesunde Menschenverstand: Schilf meiden, Brutplätze respektieren, keinen Müll hinterlassen.

Der Frechensee ist bei Einheimischen beliebt, obwohl es keine offizielle Badestelle gibt. Du findest immer ein paar Leute, die sich ins Wasser trauen. Das Ufer ist weich, manchmal rutschig, und du musst aufpassen, wo du hintrittst. Dafür hast du das Gefühl, wirklich in der Natur zu sein, nicht in einem Freibad.

Wer Kinder dabei hat, bleibt besser am Großen Ostersee. Dort ist es sicherer, und es gibt Toiletten.

Tier- und Pflanzenwelt

Die Osterseen sind ein Hotspot für Wasservögel. Über 200 Arten wurden hier nachgewiesen, darunter einige Raritäten. Im Frühjahr rasten Zugvögel auf ihrem Weg nach Norden, im Herbst kommen sie zurück. Wer sich auskennt, kann Krickenten, Löffelenten oder Zwergtaucher beobachten. Für Laien reicht schon der Anblick der Schwäne, die elegant über das Wasser gleiten.

Unter Wasser leben Hechte, Karpfen und Rotaugen. Angeln ist erlaubt, aber nur mit Lizenz. Die Fische sind scheu, und du brauchst Geduld. Erfolgreiche Angler erzählen von Hechten, die über einen Meter lang waren, aber das kannst du glauben oder nicht.

Die Flora ist ebenfalls bemerkenswert. An den Ufern wachsen Schilf, Rohrkolben und Seggen. In den Moorgebieten findest du Torfmoose, Wollgras und fleischfressende Pflanzen wie den Sonnentau. Die kleinen, rötlichen Blätter mit den klebrigen Tropfen sehen harmlos aus, sind aber tödlich für Insekten. Im Wald rund um die Seen dominieren Buchen, Fichten und Erlen. Im Herbst färben sich die Blätter, und der Boden ist mit Laub bedeckt.

Praktisches: Anreise und Ausrüstung

Von München aus erreichst du die Osterseen mit dem Auto in etwa 45 Minuten. Du fährst über die A95 Richtung Garmisch, Ausfahrt Penzberg/Iffeldorf. Von dort sind es noch ein paar Kilometer. Parkplätze gibt es in Iffeldorf und in Seeshaupt, beide sind kostenpflichtig.

Mit der Bahn ist es etwas umständlicher. Du nimmst die S-Bahn nach Tutzing, dann den Bus nach Iffeldorf oder Seeshaupt. Die Verbindung ist gut, aber du musst Zeit mitbringen. An Wochenenden kann der Bus voll sein.

Für einen Tagesausflug brauchst du festes Schuhwerk, weil die Wege teilweise schlammig sind. Im Sommer empfiehlt sich Badesachen, Sonnencreme und eine Kopfbedeckung. Im Herbst und Frühling ist eine Jacke sinnvoll, weil der Wind über die Seen zieht und es schnell kühl wird. Ein Fernglas lohnt sich, wenn du Vögel beobachten willst.

Einkehrmöglichkeiten gibt es in Iffeldorf und Seeshaupt. In Iffeldorf gibt es einen Gasthof direkt am Ortsrand, der bayerische Küche serviert. Die Portionen sind groß, die Preise moderat. In Seeshaupt am Starnberger See findest du mehrere Restaurants und Cafés, manche mit Seeterrasse.

Beste Reisezeit

Die Osterseen sind das ganze Jahr über einen Besuch wert, aber jede Jahreszeit hat ihren eigenen Charakter. Im Frühling blühen die Wiesen, und die Vögel sind besonders aktiv. Das Wasser ist noch kalt, aber die Luft riecht frisch und leicht süßlich nach Blüten.

Der Sommer ist die Hauptsaison. Die Seen füllen sich mit Badegästen, vor allem am Wochenende. Wer Ruhe sucht, kommt unter der Woche oder früh am Morgen. Die Temperaturen steigen oft über 25 Grad, und das Wasser wird angenehm warm.

Im Herbst leert sich die Landschaft. Die Farben sind intensiv, die Luft klar. Nebelschwaden ziehen über das Wasser, und manchmal hängen die Wolken so tief, dass die Berge unsichtbar sind. Jetzt ist die beste Zeit für lange Wanderungen.

Im Winter frieren manche Seen zu, aber das ist selten und hängt vom Wetter ab. Wenn es doch passiert, kommen Einheimische zum Schlittschuhlaufen. Offiziell ist das nicht erlaubt, aber kontrolliert wird es kaum. Trotzdem: Vorsicht ist geboten, denn das Eis kann dünn sein.

Was du wissen solltest

Die Osterseen sind Naturschutzgebiet, und das wird hier ernst genommen. Es gibt Regeln, an die du dich halten solltest. Hunde müssen angeleint bleiben, Feuer machen ist verboten, und du darfst nicht abseits der Wege laufen. Das klingt streng, aber es dient dem Schutz der Tier- und Pflanzenwelt.

Müll ist ein Thema. An schönen Tagen sammelt sich leider einiges an den Ufern. Nimm deinen Abfall mit, das sollte selbstverständlich sein, ist es aber nicht immer. Es gibt Mülleimer an den Parkplätzen, aber nicht überall.

Die Wege sind meist gut begehbar, aber nach Regen können sie matschig werden. Festes Schuhwerk ist dann Pflicht. Im Sommer können Mücken lästig sein, besonders in den Abendstunden. Ein Mückenspray hilft.

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