Wer an das Allgäu denkt, hat meist das Bimmeln von Kuhschellen im Ohr und den Geruch von Heu in der Nase. Das ist völlig in Ordnung, unterschlägt aber die halbe Wahrheit. Zwischen den grünen Hügeln glitzert es nämlich verdächtig oft blau. Die Region ist durchzogen von klaren Bächen, Moortümpeln und tiefen Seen, die oft noch Überbleibsel der letzten Eiszeit sind. Das Wasser hier ist meistens eines: verdammt kalt. Und genau das ist der Punkt, an dem Feinschmecker hellhörig werden sollten. Fische, die in kaltem, sauerstoffreichem Wasser aufwachsen, wachsen langsamer. Das macht ihr Fleisch fester, aromatischer und weniger wässrig als das ihrer Artgenossen aus wärmeren Gewässern.
Es ist also kein Zufall, dass sich rund um Füssen und Kaufbeuren eine Szene etabliert hat, die das Thema Süßwasserfisch ernst nimmt. Hier wird nicht einfach nur frittiert. Es wird gebeizt, sanft in Butter gebraten und vor allem mit einer Leidenschaft geräuchert, die man sonst eher aus Skandinavien kennt. Wir haben uns die Hände schmutzig gemacht (und danach rochen sie herrlich nach Rauch), um die besten Spots für dich zu finden. Dabei unterscheiden wir strikt: Willst du bedient werden und den Sonnenuntergang sehen? Oder suchst du den perfekten Fang für den Grill deiner Ferienwohnung?
Hopfensee und Füssener Seen: Kulinarik direkt am Wasser
Der Hopfensee wird gerne als die "Allgäuer Riviera" bezeichnet. Das klingt im ersten Moment nach Marketing-Übertreibung, aber wenn man an einem lauen Abend auf der Uferpromenade steht und das Rot der untergehenden Sonne sich in den Wellen bricht, während im Hintergrund die Alpenkette leuchtet, dann nickt man anerkennend. Hier ist sehen und gesehen werden angesagt, aber glücklicherweise stimmt auch die Qualität auf den Tellern. Wer Fischküche mit Panorama sucht, kommt an zwei Adressen am Ostufer nicht vorbei.
Das Seehaus Hopfensee: Eleganz mit Weitblick
Es gibt Orte, da passt einfach alles zusammen, und das Seehaus gehört dazu. Wer die Uferstraße entlangschlendert, landet fast automatisch hier. Das Ambiente schafft den Spagat zwischen modernem Chic und der nötigen Gemütlichkeit, die man in den Bergen erwartet – ein Kamin für kalte Tage ist vorhanden, aber das eigentliche Highlight ist die Terrasse. Du sitzt hier quasi in der ersten Reihe. Der Blick schweift ungehindert über den See, und das Personal weiß genau, was es tut.
Kulinarisch bewegt sich das Seehaus auf einem Niveau, das über den Standard-Touristen-Teller hinausgeht. Die Küche orientiert sich stark an der Saison. Wenn Fisch auf der Karte steht, dann ist er auf den Punkt gegart. Keine trockenen Filets, sondern glasige Perfektion. Dazu kommt eine Weinkarte, die Spaß macht und zum Verweilen einlädt. Ein kleiner Tipp unter Freunden: Spontanität wird hier oft bestraft. Der Laden brummt, besonders wenn das Wetter mitspielt. Reserviere also lieber ein paar Tage im Voraus, wenn du nicht enttäuscht wieder abziehen willst.
- Adresse: Uferstraße 39, 87629 Füssen
- Kontakt: +49 8362 3003539
Die Fischerhütte in Füssen: Bodenständig und ehrlich
Ein paar Häuser weiter, in der Uferstraße 16, ticken die Uhren ein wenig anders, aber kein bisschen schlechter. Die Fischerhütte ist die Antwort für alle, die es etwas hemdsärmeliger mögen. Hier herrscht eher Biergarten-Atmosphäre, es geht zünftig zu, und das ist auch gut so. Während das Seehaus vielleicht der Ort für das romantische Dinner zum Jahrestag ist, ist die Fischerhütte der Platz, an dem du nach einer langen Wanderung oder Radtour einkehrst, die Beine von dir streckst und einfach gut essen willst.
Auf der Karte finden sich bayerische Klassiker, aber der Fokus auf Fisch und Meeresfrüchte ist deutlich spürbar. Die Zubereitung ist geradlinig und ohne unnötigen Schnickschnack. Der Fisch schmeckt nach Fisch, die Beilagen sind solide. Gerade an Wochenenden wird es hier voll, Familien und größere Gruppen fühlen sich in dem unprätentiösen Wirtshausambiente wohl. Die große Terrasse mit Bergblick ist im Sommer natürlich der "Place to be". Auch hier gilt: Ein kurzer Anruf vorab schadet nie, um sicherzugehen, dass ein Tisch frei ist.
- Adresse: Uferstraße 16, 87629 Füssen
- Kontakt: +49 8362 91970
Elbsee: Zwischen Moorsee und Räuchergarantie
Verlassen wir den Trubel von Füssen und fahren ein Stück nach Norden. Bei Aitrang liegt der Elbsee. Die Stimmung hier ist eine ganz andere. Das Wasser wirkt dunkler, geheimnisvoller, es ist ein Moorsee. Das Schilf raschelt im Wind, und die touristische Hektik scheint meilenweit entfernt. Genau hier versteckt sich ein echter Klassiker der Ostallgäuer Ausflugsgastronomie.
Restaurant Elbsee: Die Terrasse ist der Star
Das Restaurant Elbsee ist eine Institution. Seit Jahren pilgern Einheimische wie Urlauber hierher, und das hat einen triftigen Grund: Die Terrasse. Sie liegt so nah am Wasser, dass man fast die Füße hineinhalten könnte. Die Küche ist verlässlich und deckt eine breite Palette ab – vom Kuchenbuffet am Nachmittag bis zum deftigen Abendessen.
Fischfreunde kommen hier definitiv auf ihre Kosten. Die Gerichte sind sauber ausgeführt, oft klassisch interpretiert – Forelle Müllerin Art oder ähnliches findet man hier in guter Qualität. Es ist dieser unaufgeregte Genuss, der den Ort ausmacht. Man sitzt da, schaut auf das ruhige Wasser, hört vielleicht im Hintergrund leise Musik (im Sommer gibt es oft Musikabende) und lässt es sich gut gehen. Die Atmosphäre ist familiär, der Service meist flink, auch wenn der Laden voll ist. Für ein entspanntes Mittagessen oder einen frühen Abend am See ist das Restaurant Elbsee am Nordufer eine sichere Bank.
- Adresse: Am Elbsee 1, 87648 Aitrang
- Kontakt: +49 8343 330
Ronsberg und Kaufbeuren: Frischräuchern aus eigener Zucht
Genug im Restaurant gesessen. Jetzt wird selbst gekocht – oder zumindest selbst eingekauft. Viele Reisende mieten sich im Allgäu Ferienwohnungen, und was gibt es Besseres, als abends auf dem Balkon einen frisch geräucherten Fisch zu zerlegen? Dazu ein Stück Bauernbrot und ein lokales Bier. Herrlich. Dafür braucht es aber die richtige Quelle. Supermarktware ist hier fehl am Platz, wenn man die Züchter quasi vor der Nase hat.
Fischzucht Mindeltal: Idyll im Wald
Wer zur Fischzucht Mindeltal fährt, glaubt im ersten Moment vielleicht, er habe sich verfahren. Der Betrieb liegt bei Ronsberg idyllisch und etwas versteckt im Wald. Aber genau so muss das sein. Hier fließt frisches Quellwasser, und das schmeckt man den Fischen an. Es ist ein Familienbetrieb, wie er im Buche steht. Im Angebot sind Bach- und Regenbogenforellen, Lachsforellen und Saiblinge.
Besonders cool: Wenn du anrufst und vorbestellst, bereiten sie dir den Fisch küchenfertig vor. Keine Schuppen in der Ferienwohnung, kein Stress beim Ausnehmen. Einfach abholen und ab in die Pfanne oder auf den Grill. Die Räuchertage sind hier fast schon kleine Feiertage; der Duft, der dann über dem Gelände liegt, macht sofort Appetit. Wer will, kann je nach Saison sogar selbst die Angel in den Teich halten. Das ist "Farm to Table" in seiner reinsten Form.
- Adresse: Mindeltal 1, 87671 Ronsberg
- Web: www.fischzucht-mindeltal.de
Negele Forellen: Der schnelle Fisch für Städter
Etwas städtischer, aber nicht weniger frisch geht es bei Negele Forellen in Kaufbeuren zu. Die Lage ist strategisch günstig, wenn man ohnehin in Marktoberdorf oder Kaufbeuren unterwegs ist. Hier verbindet man den Einkaufsbummel einfach mit der Jagd nach dem Abendessen. Negele ist eine kleine, feine Forellenzucht, die sich auf das Wesentliche konzentriert.
Die Stärke liegt hier in der unkomplizierten Verfügbarkeit. Trotzdem gilt der eiserne Rat: Ruf an. Gerade vor Feiertagen oder am Wochenende ist der Andrang groß, und nichts ist trauriger als der Blick in eine leere Theke. Frag nach, wann frisch geräuchert wird – wenn du einen Fisch ergatterst, der noch warm aus dem Rauch kommt, wirst du nie wieder eingeschweißte Ware aus dem Discounter anrühren wollen. Versprochen.
- Adresse: Salzstraße 15b, 87600 Kaufbeuren
- Kontakt: +49 8341 81251
Umlandtipps: Ein Blick über den Tellerrand (und die Landkreisgrenze)
Wir wären schlechte Reiseführer, wenn wir an der Landkreisgrenze eine Vollbremsung hinlegen würden. Denn nur ein kleines Stück weiter westlich, im Ober- und Südallgäu, warten drei Adressen, für die sich jeder gefahrene Kilometer lohnt. Das lässt sich prima mit einem Ausflug verbinden.
Forellenhof Martin Vögel: Die Goldstücke von Oberstaufen
In Oberstaufen betreibt Martin Vögel eine Zucht, die qualitativ in der obersten Liga spielt. Sein Credo ist die komplette Kontrolle von der Befruchtung des Eis bis zum fertigen Speisefisch. Das Ergebnis ist eine Konsistenz, die ihresgleichen sucht. Aber das eigentliche Markenzeichen sind seine Räucherforellen. Sie haben eine Farbe wie altes Gold. Das liegt an der speziellen, natürlichen Räuchermethode und dem Verzicht auf jegliche Chemie.
Man schmeckt hier das Handwerk. Es ist fast schon eine philosophische Angelegenheit. Der Verkauf erfolgt ab Hof, und wer größere Mengen braucht, sollte das Telefon in die Hand nehmen. Vögel selbst sagt, der Fisch schmecke direkt aus dem Ofen am besten – und wer sind wir, ihm zu widersprechen?
- Adresse: Mühlenstraße 1, 87534 Oberstaufen
- Web: www.forellenhof-allgaeu.de
Gunzesried: Das Tal der Fische
Das Gunzesrieder Tal ist landschaftlich ein Traum, und kulinarisch gibt es hier gleich einen Doppelschlag. Da ist zum einen die Fischzucht Gunzesried (Säge 2a). Bekannt als Bergfischzucht, bekommt man hier erstklassige Saiblinge. Das Wasser kommt direkt vom Berg, kalt und rein. Neben frischem Fisch gibt es an der Theke oft feine Fischsalate, die sich perfekt für ein Picknick eignen.
Gleich daneben, quasi in Wurfweite, ergänzt die Bergfischzucht Gunzesried das Angebot mit einem kleinen Restaurant. Es ist gemütlich, fast intim. Hier werden Fischplatten serviert, die zeigen, was das Produkt kann. Wer lieber selbst kocht, holt sich den Fisch nebenan; wer sich verwöhnen lassen will, setzt sich hier rein. Aber Achtung: Die Plätze sind rar. Reservieren ist am Wochenende keine Option, sondern Pflicht.
- Adresse: Gunzesried Säge 2A, 87544 Blaichach
- Kontakt: +49 8321 6755670
Unterallgäu: Der Forell-o-mat in Salgen
Zum Schluss noch ein Tipp, der in die Kategorie "Kuriose Highlights" fällt, aber qualitativ absolut ernst zu nehmen ist. Wir bewegen uns Richtung Unterallgäu, nach Salgen. Dort steht bei der Forellenzucht Simon etwas, das man eher in Japan vermuten würde als in Bayern: Der "Forell-o-mat".
Ja, du hast richtig gelesen. Ein Verkaufsautomat für Fisch. 24 Stunden am Tag, 7 Tage die Woche. Das klingt verrückt, ist aber genial. Stell dir vor, du kommst sonntags spät vom Wandern zurück, der Kühlschrank ist leer, und alle Läden sind dicht. Der Forell-o-mat rettet dir den Abend. Er wird täglich geprüft und frisch befüllt. Im Angebot sind Filets von Forelle, Lachsforelle und Saibling, mal frisch, mal geräuchert. Im Sommer gibt es sogar Grillfisch.
Die Qualität leidet unter der Automatisierung kein Stück. Die Fische stammen aus eigener Quellwasserzucht, geschlachtet wird fast täglich, geräuchert immer montags. Das Fleisch ist fest, der Geschmack top. Es ist diese Mischung aus absurder Modernität und traditioneller Zuchtqualität, die den Stopp in Salgen so lohnenswert macht.
- Adresse: Forellenzucht Simon (Ortsteil Hausen), Salgen
- Web: www.forellenhof-simon.de