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Glühwein, Schnee und Funkeln: Die schönsten Weihnachtsmärkte im Allgäu

Wir nehmen dich mit auf eine Tour durch das winterliche Allgäu, wo barocke Engel fliegen und die Luft nach Schnee und verbranntem Holz riecht. Pack die dicken Socken ein, es wird gemütlich.

Essen, Trinken & Märkte
Lesezeit: ca. 10 Min.
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Zwischenablage

Kempten: Der Dauerbrenner unter den Märkten

Wenn man über Weihnachtsmärkte im Allgäu spricht, kommt man an Kempten schlichtweg nicht vorbei. Als eine der ältesten Städte Deutschlands (darüber streiten sie sich zwar gerne mal mit Trier, aber lassen wir das historische Geplänkel) bietet die Metropole des Allgäus die perfekte Kulisse für den größten Markt der Region. Der Rathausplatz verwandelt sich in der Adventszeit durchgehend in ein leuchtendes Dorf, was logistisch ziemlich dankbar ist: Hier hast du fast vier Wochen lang die Chance, vorbeizuschauen, ohne in Terminstress zu geraten.

Man merkt hier schnell, dass Kempten Erfahrung hat. Die Budenstadt wirkt nicht lieblos zusammengewürfelt, sondern folgt einem Plan, der trotzdem „muggelig“ bleibt. Besonders an den Freitag- und Sonntagabenden wird es voll, und das aus gutem Grund: Die Umzüge mit Figuren aus der Sagenwelt sind kein 08/15-Fasching, sondern ziemlich beeindruckend inszeniert. Da laufen nicht nur drei verkleidete Statisten durchs Bild, sondern rund 150 Gestalten, die teils mystisch, teils märchenhaft wirken. Ein weiteres Unikum ist das sogenannte „Weihnachtsbrunnen-Krippen-Spektakel“. Der Name ist ein Zungenbrecher, aber die handwerkliche Umsetzung der dort gezeigten Kunstwerke lässt einen kurz innehalten und den Trubel vergessen. Wenn du Kinder dabei hast oder selbst einfach mal fünf Minuten die Füße ausruhen willst, ist das nostalgische „Weihnachtsbähnle“ eine solide Option für eine kleine Rundfahrt.

Persönlicher Tipp: Geh unter der Woche hin, wenn du in Ruhe stöbern willst. Am Wochenende schiebt man sich schon mal durch die Gassen, was aber mit einem heißen Glühwein in der Hand und dem Stimmengewirr im Hintergrund auch seinen ganz eigenen, urbanen Charme hat.

  • Wo: Rathausplatz, Kempten
  • Wann: Durchgehend in der Adventszeit
  • Besonderheit: Sagenhafte Umzüge am Wochenende

Bad Hindelang: Das große Spektakel

Machen wir uns nichts vor: Dass man für einen Weihnachtsmarkt Eintritt zahlt, sorgt im ersten Moment oft für hochgezogene Augenbrauen. Aber der Erlebnis-Weihnachtsmarkt in Bad Hindelang spielt in einer eigenen Liga und rechtfertigt den Obolus. Hier zahlst du nicht für den bloßen Zutritt zu Verkaufsständen, sondern für eine Inszenierung, die das ganze Dorf erfasst. Die Atmosphäre ist dichter als anderswo, fast wie in einem aufwendigen Filmset, nur dass die Kälte echt ist.

Das absolute Highlight sind ganz klar die Umzüge. Dutzende Figuren aus der alpenländischen Märchen- und Sagenwelt ziehen an bestimmten Tagen durch die Straßen, und das wirkt erstaunlich authentisch und wenig plastikhaltig. Es hat etwas fast Mystisches, wenn diese Gestalten durch die beleuchtete Marktstraße ziehen. Auch spannend: Den Eisschnitzern bei der Arbeit zuzusehen. Es ist faszinierend, wie aus einem groben, milchigen Klotz filigrane Figuren entstehen, bevor sie irgendwann wieder wegschmelzen – Vergänglichkeit live. Das Rathaus fungiert traditionell als riesiger Adventskalender; ein Klassiker, der hier aber aufgrund der schieren Größe der Architektur wirkt. Wer hier reinen Kommerz erwartet, liegt falsch. Wer handfeste Allgäuer Weihnachtskultur mit Show-Charakter sucht, ist genau richtig.

  • Wo: Marktstraße/Poststraße, Bad Hindelang
  • Wann: An mehreren Wochenenden (Do-So) im Advent
  • Besonderheit: Aufwendige Märchenumzüge und Eiskunst

Isnyer Schlossweihnacht: Barock trifft Gemütlichkeit

Isny im Allgäu hat diesen speziellen, leicht morbiden Charme alter Mauern, und genau das macht die Schlossweihnacht im Innenhof des Klosters und Schlosses so gut. Die hohen Wände schirmen den kalten Wind ab, und die Kulisse ist einfach edel, ohne steif zu wirken. Hier findest du weniger Ramsch aus Fernost, sondern eher Dinge, die man tatsächlich verschenken möchte: Handgefertigtes, Kunstobjekte und Zeug, bei dem man sieht, dass jemand Zeit investiert hat.

Kulinarisch solltest du hier unbedingt experimentieren. Vergiss die Standard-Bratwurst und such nach der „Dinnete“. Das ist dieser flammkuchenartige Teigfladen aus dem Holzofen, der bei Minustemperaturen wahre Wunder für die innere Heizung wirkt. Dazu einen heißen Glühmost von den hiesigen Streuobstwiesen – das schmeckt „gscheit“ nach Heimat, ein bisschen säuerlich, fruchtig und nicht so pappsüß wie der Industriepunsch aus dem Kanister. Jeden Abend wird es hier für einen Moment ganz still, wenn das „Engele“ vom Abthaus heruntergeflogen kommt. Klar, das ist inszeniert, aber wenn der Engel dann Geschenke verteilt, leuchten nicht nur Kinderaugen. Es ist einer dieser Momente, wo man den Zynismus des Alltags mal kurz an der Garderobe abgeben darf.

  • Wo: Schloss Isny, Innenhof
  • Wann: Traditionell um das zweite Adventswochenende (Mi-So)
  • Besonderheit: Das fliegende Engele und barockes Ambiente

Lindauer Hafenweihnacht: Der See-Faktor

Wenn du ein Foto für Instagram brauchst (oder einfach nur fürs Familienalbum), fahr nach Lindau. Punkt. Die Lage direkt am Bodensee, mit dem steinernen Löwen und dem Leuchtturm im Vordergrund und den oft schon schneebedeckten Schweizer Alpen dahinter, ist unschlagbar. Die Lindauer Hafenweihnacht nutzt diese Kulisse gnadenlos gut aus.

Ein ehrlicher Rat vorweg: Zieh dich warm an. Der Wind kommt hier oft direkt ungebremst vom Wasser und kriecht durch jede Ritze im Mantel. Aber genau das macht den heißen Punsch ja erst so richtig befriedigend. Mit einer Vielzahl an liebevoll dekorierten Ständen direkt an der Promenade ist der Markt groß genug, um einen ganzen Nachmittag hier zu vertrödeln. Es gibt viel Kunsthandwerk und natürlich alles, was der Bodensee kulinarisch hergibt. Familien parken sich oft beim Zauberwald oder dem nostalgischen Karussell. Es ist touristisch, ja, und man hört viele Sprachen durcheinander, aber die Atmosphäre, wenn es dunkel wird und sich die Lichter im dunklen Wasser des Sees spiegeln, ist die Anreise wert.

  • Wo: Hafenpromenade, Lindau (Insel)
  • Wann: Jeweils Donnerstag bis Sonntag im Advent
  • Besonderheit: Einzigartige Alpen-See-Kulisse

Kaufbeuren: Wo das Rathaus Geschichten erzählt

Der Kirchplatz St. Martin in Kaufbeuren wirkt wie aus einem Bilderbuch für mittelalterliche Stadtplanung. Eng, hoch, historisch. Hier findet der Weihnachtsmarkt statt, der besonders durch den „echten“ Adventskalender am Rathaus besticht. Jeden Tag öffnet sich ein neues Fenster an der Fassade. Das klingt banal, ist aber live vor Ort eine schöne Zeremonie, die die Hektik aus dem Tag nimmt und die Leute zusammenbringt.

Die Stände sind überschaubar, aber gut kuratiert – Klasse statt Masse. Besonders erwähnenswert finde ich den Adventskalender-Lotterieverkauf. Das Geld geht an soziale Einrichtungen wie die Lebenshilfe. Man kauft also Lose, hofft auf einen Gewinn und tut nebenbei was Gutes – eine faire Sache. Es ist ein Markt für Leute, die es etwas ruhiger mögen und keine Reizüberflutung mit blinkenden Lichtern brauchen. Hier steht das Erzgebirgische Kunsthandwerk neben regionalen Spezialitäten, und man kommt leicht ins Gespräch.

  • Wo: Kirchplatz St. Martin, Kaufbeuren
  • Wann: Durchgehend in der Adventszeit
  • Besonderheit: Der riesige Rathaus-Adventskalender

Vilsalpsee: Stille Nacht in Tirol

Streng genommen liegt der Vilsalpsee schon in Tirol, aber das Tannheimer Tal ist gefühlt der verlängerte Garten des Oberallgäus und nur einen Katzensprung entfernt. Dieser Markt ist der absolute Gegenentwurf zu städtischen Rummelplätzen. Du bist hier oben am Bergsee, in einem Naturschutzgebiet. Wenn es schneit, dann richtig, und die Stille der Berge verschluckt fast jedes Geräusch.

Der Pfad am Wasser ist beleuchtet, und die Stände ducken sich förmlich in die Landschaft. Hier gibt es Raclettebrot mit kräftigem Käse aus dem Lechtal – fettig, salzig, großartig. Das Angebot ist hochwertig, viel Handwerk, wenig Plastik. Es ist der perfekte Ort für Paare oder Leute, die beim Wort „Weihnachtsmarkt“ normalerweise Fluchtreflexe bekommen. Hier hört man den Schnee unter den Stiefeln knirschen, nicht den Bass aus der Lautsprecherbox. Ein Magnet für Romantiker, der beweist, dass weniger manchmal wirklich mehr ist.

  • Wo: Vilsalpsee, Tannheimer Tal
  • Wann: An ausgewählten Wochenenden im Advent
  • Besonderheit: Abgeschiedene Naturlage am Bergsee

Ottobeuren & Mindelheim: Kultur trifft Advent

In Ottobeuren dominiert die Basilika alles. Der Markt auf dem Marktplatz liegt im Schatten dieses barocken Giganten, und das verleiht dem Ganzen eine gewisse Erhabenheit. Es ist meist ein kurzes Vergnügen, oft nur an einem Wochenende, aber dafür sehr intensiv. Das Puppentheater ist ein solider Tipp für Eltern, die ihre Ruhe brauchen, während man draußen handgefertigte Wollprodukte begutachtet.

Ein Stück weiter östlich liegt Mindelheim. Die Stadt nennt sich „Krippenstadt“, und das ist kein Marketing-Gag. Seit über 400 Jahren pflegen die Jesuiten hier diese Tradition. Die fast lebensgroßen Figuren in der Jesuitenkirche sind frisch restauriert und sehen fantastisch aus – selbst wenn man sonst keinen Draht zur Kirche hat, die Kunstfertigkeit beeindruckt. Der Adventsmarkt in der Maximilianstraße ist klassisch, gediegen und sehr stimmungsvoll, mit Konzerten in historischen Räumen.

  • Ottobeuren: Meist am 2. Adventswochenende; Basilika-Kulisse.
  • Mindelheim: Ca. 10 Tage lang (Do-So); Fokus auf Krippentradition.

Wangen & Urlau: Handwerk im Fokus

Wangen im Allgäu ist ohnehin eine der hübschesten Städte der Region mit ihren vielen Türmen und Toren. An den Adventssamstagen präsentieren hier rund 50 Aussteller ihr Handwerk direkt in der Altstadt. Das Schöne in Wangen: Die Einzelhändler machen oft mit. Du kannst also vom kalten Markt in die warmen Läden huschen und weitershoppen, ohne ein schlechtes Gewissen zu haben. Die Weihnachtspyramide an der Eselmühle ist ein beliebter Treffpunkt, um sich mit Freunden auf einen Glühwein zu verabreden.

Ein echter Geheimtipp für Frostbeulen ist die Urlauer Dorfweihnacht in der „Allgäuer Genussmanufaktur“. Das ist ein altes, wunderschön renoviertes Brauereigebäude in Leutkirch-Urlau. Der Markt findet sowohl drinnen als auch im Hof statt. Im „Weißen Saal“ (der historischen Bibliothek) zu stehen und handgemachten Schmuck anzuschauen, während es draußen stürmt, hat was für sich. Hier geht es um Manufaktur-Qualität, nicht um Massenware.

  • Wangen: Adventssamstage; Altstadt-Flair.
  • Urlau: Ein Wochenende (meist um Nikolaus); Indoor & Outdoor in alter Brauerei.

Skywalk Allgäu & Alpsee: Naturerlebnisse

Weihnachten im Wald, aber auf Augenhöhe mit den Wipfeln? Das geht in Scheidegg beim Skywalk Allgäu. Der Eintritt beinhaltet meist den Zugang zum Baumwipfelpfad. Wenn das Waldgelände unten beleuchtet ist und der Duft von süßen Schupfnudeln hochzieht, vergisst man den Alltag schnell. Man kann hier oben wirklich gut „runterkommen“ – im übertragenen Sinne natürlich. Für Kinder ist das Himmelspostamt eine süße Idee, um Wünsche direkt an die Chefetage im Himmel zu senden.

Ganz unten am Wasser, am Großen Alpsee bei Immenstadt, findet die Seeweihnacht statt. Die Mischung aus Alphornbläsern und Wasserrauschen ist speziell und sehr "allgäuerisch". Für Kinder ist das Programm hier besonders dicht: Stockbrot am Lagerfeuer geht immer und verhindert quengelnde Stimmung, wenn der Hunger kommt.

  • Skywalk: Ein Wochenende (meist 3. Advent); Waldweihnacht mit Aussicht.
  • Alpsee: Ein Wochenende (meist 3. Advent); Buhler Hafen.

Pfronten & Bad Wurzach: Kurz, aber gut

Der Pfrontener Weihnachtsmarkt findet traditionell nur an einem einzigen Tag statt (meist 3. Advent). Das macht ihn exklusiv und sorgt dafür, dass wirklich alle da sind. Hier betreiben Einheimische und soziale Einrichtungen die Stände, es gibt keinen kommerziellen "Wanderzirkus". Man kennt sich, man ratscht, es ist herrlich unaufgeregt und authentisch. Die Kulisse der Pfrontener Berge gibt dem Ganzen den passenden Rahmen.

Und wer es kaum erwarten kann und schon früh in Weihnachtsstimmung kommen will, fährt gleich zu Beginn der Adventszeit nach Bad Wurzach. Das Ambiente im ehemaligen Kloster Maria Rosengarten ist historisch aufgeladen. Besonders schön ist der Künstlermarkt, wo man oft Keramik selbst bemalen kann – falls du noch ein Geschenk für die Oma brauchst, das von Herzen kommt (und vielleicht ein bisschen schief ist, aber das zählt ja bekanntlich doppelt).

  • Pfronten: Ein Sonntag im Dezember; sehr lokal und authentisch.
  • Bad Wurzach: Erstes Adventswochenende; Kloster-Idylle.

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