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Limonaden "Made in Allgäu": Kräuter-Limos, Holunder-Spritz und Cola aus der Region

Im Schatten der Berge blubbert es gewaltig, denn die Allgäuer Brauer und Tüftler haben die Limonade neu erfunden – mal retro, mal radikal modern. Ein Roadtrip für die Kehle, von der Kult-Cola bis zum Kräuter-Kracher.

Essen, Trinken & Märkte
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Zwischenablage

Es ist ein heißer Nachmittag im Juli. Die Luft über dem Asphalt flirrt, und die Kühe auf den Weiden schauen genauso lethargisch drein, wie man sich nach dem dritten Anstieg fühlt. Normalerweise wäre jetzt der Moment für ein Radler oder ein Helles. Aber das Allgäu hat sich in den letzten Jahren klammheimlich gewandelt. Zwischen Kempten und Kaufbeuren, Wangen und Weiler hat sich eine Szene etabliert, die Zuckerwasser zu einem Kulturgut erhebt. Es geht nicht um die globale Einheitsbrause aus dem roten Dosenregal. Es geht um Heimatliebe, die zischt. Wer durch das Allgäu reist, stolpert früher oder später über bauchige Glasflaschen mit Etiketten, die aussehen, als hätte sie der Großvater persönlich entworfen. Und oft stimmt das sogar.

Die Allgäuer sind Traditionalisten, keine Frage. Aber sie sind auch verdammt gute Handwerker. Wenn ein Braumeister hier eine Limo ansetzt, dann macht er das mit der gleichen Ernsthaftigkeit wie bei seinem Märzen. Das Wasser kommt oft aus der eigenen Quelle, die Rezepte sind manchmal älter als die Bundesrepublik, und der Geschmack ist – nun ja – eigenwillig gut. Man muss sich darauf einlassen.

Der Retro-König aus dem Ostallgäu

Wer im Ostallgäu unterwegs ist, vielleicht gerade die Schlösser hinter sich gelassen hat und Richtung Forggensee steuert, dem begegnen sie überall: Flaschen mit blauen und roten Etiketten, die so herrlich aus der Zeit gefallen wirken, dass man fast schon Ironie vermutet. Aber bei FZ Getränke in Roßhaupten ist nichts ironisch gemeint. Das ist purer Ernst und pure Tradition. Seit über 70 Jahren wird hier abgefüllt. Das "Original aus Roßhaupten" ist keine leere Phrase, sondern eine Ansage. Am Roten Kreuz 6, in 87672 Roßhaupten (+49 8367 248), steht die Fabrik, die mehr Manufaktur als Industrieanlage ist. Man trinkt hier nicht einfach Limo, man trinkt ein Stück Kindheit, selbst wenn man gar nicht hier aufgewachsen ist.

Das Spannende ist dabei, dass FZ Getränke den Spagat schafft. Einerseits gibt es den klassischen Cola-Mix – in Bayern und im Allgäu ja sowieso ein Grundnahrungsmittel –, andererseits wagen sie sich an moderne Spritz-Variationen. Wer direkt vor Ort vorbeischaut, kann im Getränkemarkt stöbern. Das hat fast etwas von einem Museumsbesuch, nur dass man die Exponate trinken darf. Dass sie einen Lieferservice haben, der die Kisten bis ins Haus schleppt, ist für den Durchreisenden vielleicht weniger relevant, zeigt aber, wie tief verwurzelt sie in der Gemeinde sind. Man kennt sich, man hilft sich, man trinkt FZ. Wer mehr wissen will, schaut auf fzgetraenke.de vorbei.

Tiefenrausch im Westallgäu: Die Siebers Quelle

Fährt man ganz in den Westen, fast schon zum Bodensee hin, ändert sich die Landschaft. Es wird hügeliger, grüner, irgendwie "samtiger". Hier in Weiler im Allgäu, genauer in der Käsgasse 17, sprudelt Geschichte. Die Siebers Quelle gibt es seit 1428. Man muss sich das mal auf der Zunge zergehen lassen: Das war, bevor Kolumbus Amerika entdeckte. Heute wird die Quelle von der Post Brauerei bewirtschaftet, aber das Wasser ist der eigentliche Star. Es kommt aus 160 Metern Tiefe, ist uralt und rein. Unter der Nummer +49 8387 9210-0 oder auf siebersquelle.de erfährt man Details, aber probieren geht über studieren.

Was Siebers abhebt, ist der Mut zur Nische. Natürlich machen sie Mineralwasser, und das schmeckt auch hervorragend weich. Aber der wahre Insider-Tipp ist die "Cubana". Das ist kein Cocktail, sondern eine Cola-Mischung, die hier im Westallgäu Kultstatus genießt. Sie schmeckt anders als die großen Marken – würziger, weniger künstlich, irgendwie ehrlicher. Man sitzt im Gasthof, bestellt eine Cubana und gehört dazu. Auch die Kräutersprudel sind eine Wucht. Da sie auf Konservierungsstoffe verzichten, schmeckt das Obst darin tatsächlich nach Obst und nicht nach Chemielabor. Ein kleiner Schluck Allgäu, der bleibt.

Wo das Bier fließt, ist die Limo nicht weit

Es ist fast ein Gesetz in der Region: Wo ein Sudkessel steht, wird auch Limo gemischt. Rettenberg nennt sich stolz das "Brauereidorf", und das liegt nicht zuletzt an der Engelbräu. Die Adresse Burgberger Straße 17 in 87549 Rettenberg ist Pilgerstätte für Bierliebhaber, aber man tut der Brauerei unrecht, wenn man ihre alkoholfreie Sparte ignoriert. Seit 1668 wird hier gebraut. Unter dem Namen "Grünten-Perle" – benannt nach dem Wächter des Allgäus, dem Grünten – vertreiben sie ihre Softdrinks.

Der Cola-Mix der Grünten-Perle ist süffig, hat eine feine Zitrusnote und passt perfekt zur deftigen Brotzeit im Brauereigasthof Engel. Es ist diese Bodenständigkeit, die beeindruckt. Man braucht kein Chichi, man braucht gute Zutaten und ein vernünftiges Rezept. Wer das Sortiment durchprobieren will: Telefon +49 8327 9300-0 oder engelbraeu.de helfen weiter. Die Brauerei liegt direkt an der Hauptstraße, man kann sie kaum verfehlen, und der Geruch von Malz liegt meistens schon in der Luft.

Ein ähnliches Kaliber findet sich in Isny. Die Brauerei Stolz (allgauer-stolz.de) ist seit 1919 ein Familienbetrieb. Isny selbst, mit seiner mittelalterlichen Struktur, ist ja schon einen Besuch wert. Die Brauerei hat erkannt, dass man nicht immer Alkohol braucht, um glücklich zu sein. Elf Sorten produzieren sie mittlerweile. Das ist eine Menge für eine regionale Brauerei. Interessant ist hierbei, dass sie Führungen anbieten, bei denen man nicht nur den Gärkeller sieht, sondern auch versteht, wie viel Arbeit in einer Flasche Limo steckt. Das Wasser, die Mischung, die Kohlensäure – das ist Handwerk. Die Verteilung erfolgt fast ausschließlich regional, was die "Exklusivität" für den Reisenden erhöht. Man muss schon hinfahren, um es zu kriegen.

Die jungen Wilden: Kräuter und Nachhaltigkeit

Dann gibt es da noch die, die alles anders machen wollen. Weg vom traditionellen Brauerei-Image, hin zum Lifestyle-Produkt, das aber trotzdem die Wurzeln nicht verleugnet. In Oberstaufen, wo sonst die Reichen und Schönen kuren, sitzt Allgäuer Alpenwasser (Salzstraße 52, 87534 Oberstaufen, Tel. +49 8325 444). Die machen keine halben Sachen. Ihre PET-Flaschen sind zu 100% aus recyceltem Material. Das ist gut fürs Gewissen, aber der Inhalt ist noch besser für den Gaumen.

Ihr Flaggschiff in Sachen Regionalität ist der "Hidde-Schbrudl". Wer des Allgäuer Dialekts nicht mächtig ist: Das hat nichts mit Verstecken zu tun, sondern ist eine Kräuterlimo. Thymian, Salbei, Enzian. Das klingt erst mal nach Apotheke, schmeckt aber überraschend erfrischend und gar nicht so medizinisch, wie man befürchten könnte. Es ist herb, es ist erwachsen. Auf allgaeuer-alpenwasser.de sieht man, dass sie auch "normale" Früchte können, aber der Kräutermix ist das, was man seinen Freunden zu Hause erzählen wird. "Ich habe Enzian getrunken, und es war gut."

Wasser als Fundament: Krumbach

Etwas weiter nördlich, im württembergischen Allgäu in Kißlegg, sitzt ein Riese, der sich seine Seele bewahrt hat. Krumbach Mineralwasser (Krumbach 1, 88353 Kißlegg, krumbach-mineralwasser.de) kennt man vielleicht aus der Werbung. Aber vor Ort spürt man erst, was dahintersteckt. Das Wasser kommt tief aus dem Gestein und ist bekannt für seine "Sanftheit". Das klingt wie Marketing-Geschwafel, aber im direkten Vergleich merkt man es tatsächlich. Das Wasser kratzt nicht.

Daraus machen sie ihre Limos. Der Cola-Mix profitiert enorm von diesem weichen Wasser. Er wirkt runder, harmonischer. Krumbach ist überall in der Region präsent, in fast jedem Supermarkt und Gasthof. Es ist der verlässliche Begleiter, wenn man keine Experimente wagen will, aber trotzdem Regionalität im Glas haben möchte. Umweltverantwortung wird hier großgeschrieben, was in einer Region, die vom Naturtourismus lebt, auch bitter nötig ist.

Über den Tellerrand: Die Zugereisten und Exoten

Manchmal ist das Allgäu auch einfach nur der perfekte Markt für gute Ideen von anderswo, oder die Definition von "Region" wird etwas gedehnt. Nehmen wir Limoment (limoment.de). Die sitzen eigentlich in Bielefeld – ja, das gibt es wirklich. Adresse: Brockhagener Str. 22. Aber ihre Limo hat sich im Allgäu eingenistet wie ein Kuckuckskind, das man trotzdem lieb hat. Warum? Weil es passt. Apfel-Minze oder Rhabarber-Holunder ohne Zuckerzusatz, nur mit Fruchtsüße. Das trifft den Nerv der Wanderer, die nicht nach dem Gipfelsieg in ein Zuckerkoma fallen wollen. Es ist eine gesunde Alternative, und man findet sie in vielen Allgäuer Cafés, die etwas auf sich halten.

Ganz anders, aber regionaler, ist Kräuterkraft aus Ravensburg (Brühlweg 7, 88214 Ravensburg, kraeuter-kraft.de). Ravensburg ist das Tor zum Allgäu, das zählt also noch. Die Jungs und Mädels dort haben "smooteas" erfunden. Pulver. Ja, richtig gehört. Gefriergetrocknete Früchte und Kräuter, die man ins Wasser kippt. Das klingt erst mal nach Camping-Notnahrung, ist aber geschmacklich eine Wucht. Da bleiben Vitamine drin, und es schmeckt intensiv. Man spart sich das Schleppen von Kisten und rührt sich sein Getränk am Bergsee einfach selbst an. Ziemlich clever.

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