Westallgäu & Hügelland

Eistobel: Nasse und rutschige, aber lohnenswerte Wanderung durch die wilde Schlucht

Hier stürzt sich die Obere Argen durch eine wilde Klamm, spritzt, gurgelt und lässt dich spüren, dass Natur auch ungezähmt sein kann. Pack wasserfeste Schuhe ein und mach dich auf etwas Besonderes gefasst.

Westallgäu & Hügelland  |  Natur & Landschaft
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Zwischenablage

Der Eistobel liegt im Westallgäu, genauer zwischen Maierhöfen und Grünenbach, und zählt zu den eindrucksvollsten Naturschluchten der Region. Die Obere Argen hat sich hier über Jahrtausende tief ins Gestein gefressen und eine Landschaft geschaffen, die man so im Allgäu nicht unbedingt erwartet. Statt breiter Wiesenwege und Kuhglockengeläut gibt es hier schroffe Felsen, tosende Wasserfälle und Stege, die direkt über die Gischt führen.

Was auffällt: Die Schlucht wirkt rau, fast ein bisschen abweisend. An manchen Tagen, wenn die Argen viel Wasser führt, hörst du das Donnern schon von weitem. Das Gestein ist dunkel, oft glitschig, und überall tropft es. Im Winter, wenn es richtig kalt wird, bilden sich meterhohe Eiszapfen und bizarre Eisvorhänge – daher auch der Name. Dann ist die Schlucht allerdings gesperrt, und das aus gutem Grund.

Die Wanderung durch den Eistobel

Der klassische Rundweg durch den Eistobel ist knapp drei Kilometer lang und dauert etwa anderthalb bis zwei Stunden, je nachdem, wie oft du stehen bleibst. Der Einstieg befindet sich beim Parkplatz Eistobel in Maierhöfen. Von dort geht es zunächst relativ harmlos los, bevor der Weg in die Schlucht hinabführt.

Schnell wird klar: Hier wird's nass. Der Weg führt über Holzstege, Treppen und schmale Pfade, die teilweise direkt am Wasser entlangführen. An vielen Stellen spritzt die Gischt hoch, und wer zu nah rangeht, wird definitiv nass. Rutschfeste Schuhe sind Pflicht – mit glatten Sohlen hat man hier keine Freude. Auch wenn es verlockend aussieht: Die Steine am Ufer sind extrem glitschig, und ein Ausrutscher kann übel enden.

Highlight der Tour ist der Große Wasserfall. Hier stürzt die Argen über mehrere Stufen rund zwölf Meter in die Tiefe. Der Lärm ist ohrenbetäubend, und oft liegt ein feiner Wassernebel in der Luft. An sonnigen Tagen tanzen Regenbogen durch die Gischt – kitschig, aber echt beeindruckend. Ein Steg führt direkt davor vorbei, und wer hier trocken bleiben will, hat Pech gehabt.

Weiter geht's durch enge Passagen, vorbei an moosbewachsenen Felswänden und kleinen Becken, in denen sich das Wasser sammelt. Manchmal ist der Weg so schmal, dass man sich an Geländern festhalten muss. Nichts für Leute mit Höhenangst oder die gerne trocken bleiben. Der Weg ist gut gesichert, aber man sollte trotzdem aufmerksam sein. Besonders bei Nässe oder nach Regenfällen wird's heikel.

Wann sich der Besuch lohnt

Der Eistobel ist von April bis November geöffnet. In den Wintermonaten bleibt die Schlucht geschlossen, weil Eisgefahr besteht. Im Frühjahr, wenn die Schneeschmelze einsetzt, führt die Argen besonders viel Wasser – dann ist das Schauspiel am dramatischsten, allerdings auch am gefährlichsten. Wer es etwas ruhiger mag, kommt besser im Spätsommer oder Herbst.

An sonnigen Wochenenden kann's voll werden. Dann staut es sich an den engen Stellen, und das Naturerlebnis wird zur Geduldsprobe. Unter der Woche oder früh morgens hat man deutlich mehr Ruhe. Noch ein Tipp: Bei starkem Regen sollte man den Besuch verschieben. Nicht nur, weil's dann noch rutschiger wird, sondern weil bei Hochwasser Teile des Weges gesperrt werden können.

Praktische Infos und was du brauchst

Der Eintritt in den Eistobel kostet für Erwachsene 6 Euro, Kinder zahlen weniger. Das Geld wird für die Instandhaltung der Wege und Stege verwendet, die regelmäßig überprüft und repariert werden müssen. Zahlen tut man direkt am Eingang, meist in bar – also besser Kleingeld dabeihaben.

Fürs Outfit gilt: wasserdichte Schuhe mit gutem Profil, am besten knöchelhoch. Wandersandalen sind keine gute Idee. Eine Regenjacke schadet auch nicht, selbst wenn die Sonne scheint. Wer eine Kamera mitnimmt, sollte sie gut schützen – die Luftfeuchtigkeit in der Schlucht ist enorm, und Spritzwasser gibt's gratis dazu.

Kinderwagen kannst du zu Hause lassen. Der Weg ist dafür nicht geeignet. Mit Kraxe oder Tragetuch klappt's deutlich besser, allerdings sollte man sich bewusst sein, dass die Strecke anspruchsvoll ist. Für kleine Kinder ist das Ganze ohnehin eher nichts – die vielen Treppen und die rutschigen Passagen erfordern Trittsicherheit.

Hunde sind an der Leine erlaubt, aber auch hier gilt: Der Weg ist nicht ohne. Große, sichere Hunde kommen meist gut klar, für nervöse oder sehr kleine Tiere kann's stressig werden.

Drum herum: Was du noch sehen kannst

Nach der Tour durchs Tobel lohnt sich ein Abstecher nach Maierhöfen oder Grünenbach. Beide Orte sind typisch für die Gegend: überschaubar, ruhig, mit ein paar netten Wirtshäusern und Käsereien. Wer noch Energie hat, kann vom Parkplatz aus auch zur Burgruine Eisenberg weiterwandern – von dort oben hat man einen schönen Blick übers Westallgäu.

Ein paar Kilometer weiter liegt der Markt Isny, der sich für einen Stadtbummel anbietet. Die Altstadt ist hübsch, und im Käseladen Müller gibt's richtig guten Allgäuer Bergkäse. Falls du dich für Natur interessierst, ist das nahe gelegene Wurzacher Ried einen Besuch wert – eines der größten Moorgebiete Süddeutschlands.

Was du wissen solltest, bevor du gehst

Der Eistobel ist keine gemütliche Spazierrunde. Wer unsicher auf den Beinen ist oder gesundheitliche Probleme hat, sollte sich das gut überlegen. Die vielen Treppen und die teilweise steilen Passagen sind anstrengender, als es auf den ersten Blick aussieht. Auch Schwindelfreiheit ist von Vorteil – an manchen Stellen geht's recht steil runter, und die Geländer sind zwar stabil, aber nicht überall vorhanden.

Die Wegführung ist gut beschildert, verirren kann man sich kaum. Trotzdem: Handy mitnehmen, auch wenn der Empfang in der Schlucht nicht überall funktioniert. Und nimm dir Zeit. Wer hier durchhetzt, verpasst das Beste – die kleinen Details, das Spiel von Licht und Schatten, das ständige Rauschen des Wassers.

Warum der Eistobel keine Massenware ist

Was den Eistobel von anderen Schluchten unterscheidet, ist seine Ursprünglichkeit. Hier wurde nicht zu viel begradigt, nicht zu viel gezähmt. Klar, es gibt Wege und Geländer, aber die Natur hat immer noch das Sagen. Wenn nach einem Gewitter Äste im Wasser treiben oder der Weg an einer Stelle unterspült ist, merkt man: Das hier ist echt, nicht inszeniert.

Die Argen selbst ist ein wilder kleiner Fluss. Sie schlängelt sich durch die Schlucht, ändert ständig ihre Form, wühlt sich tiefer ins Gestein. An manchen Stellen bildet sie stille Becken, im nächsten Moment rauscht sie wieder über Felsen. Diese Unberechenbarkeit macht den Reiz aus – jeder Besuch ist ein bisschen anders.

Ein Ort für alle Sinne

Was im Eistobel hängen bleibt, sind nicht nur die Bilder, sondern auch die Geräusche. Das Rauschen der Argen ist allgegenwärtig, mal leise plätschernd, mal laut donnernd. Dazu kommt der Geruch von feuchtem Stein, Moos und Erde. An heißen Tagen ist die Luft in der Schlucht angenehm kühl, fast schon klamm.

Wer aufmerksam ist, entdeckt auch die kleinen Bewohner der Schlucht. Feuersalamander huschen über nasse Steine, Wasseramseln tauchen in der Argen nach Futter, und ab und zu sieht man eine Forelle durch die klaren Becken ziehen. Die Pflanzenwelt ist üppig – Farne wachsen aus jeder Ritze, Moose überziehen die Felswände in sattem Grün.

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