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Lohnt sich das? Ein Guide zu KönigsCard, Allgäu-Walser-Card & Co.

Du stehst an der Rezeption und bekommst einen Stapel Broschüren und eine bunte Plastikkarte in die Hand gedrückt. Was wie ein unnötiges Werbegeschenk aussieht, kann deinen Urlaub retten oder zumindest das Budget massiv schonen. Hier ist der Wegweiser durch den Dschungel der Allgäuer Gästekarten, ganz ohne Marketing-Bla-Bla.

Übernachten & Mobilität
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Zwischenablage

Es ist ein klassischer Moment beim Check-in. Draußen bimmeln vielleicht schon die Kuhglocken, drinnen erklärt dir der Wirt mit bayerischer Seelenruhe, dass du jetzt stolzer Besitzer der Allgäu-Walser-Card bist. Oder war es die KönigsCard? Vielleicht auch Oberstaufen PLUS? Wer sich im Allgäu einquartiert, landet unweigerlich in einem föderalistischen Flickenteppich aus Rabattsystemen. Manchmal nervt das, weil man eigentlich nur wandern will und keine Lust auf Vertragsrecht hat. Aber die Sache lohnt sich. Das System ist nämlich nicht homogen. Je nachdem, in welchem Dorf oder bei welchem Vermieter du landest, hast du entweder nur einen netten Rabatt auf den Parkplatz oder das sprichwörtliche "Rundum-sorglos-Paket", bei dem Bergbahnen und Bäder inklusive sind. Wer das Prinzip nicht versteht, zahlt drauf. Wortwörtlich.

Die Karten sind meistens an die Kurtaxe gekoppelt. Du zahlst diesen "Kurbeitrag" sowieso, also kannst du auch das Plastikkärtchen nutzen, das sie dir in die Hand drücken. Wegschmeißen wäre dumm. Es riecht zwar ein bisschen nach bürokratischem Monster, ist aber in der Praxis oft erstaunlich geschmeidig. Wichtig ist nur zu wissen: Karte ist nicht gleich Karte. Manche sind reine Rabattsammler, andere echte Türöffner.

Der Platzhirsch: Die Allgäu-Walser-Card

Fangen wir mit dem Standard an. Die Allgäu-Walser-Card (AWC) ist quasi der Volkswagen unter den Gästekarten. Solide, weit verbreitet, aber in der Grundausstattung noch kein Luxusschlitten. Du bekommst sie in den meisten Orten im Oberallgäu, im Kleinwalsertal und Teilen des Westallgäus. Wenn du sie einfach nur einsteckst, hast du vor allem eines: vergünstigte Eintritte. Das sind oft nur ein oder zwei Euro hier und da. Bei der Breitachklamm oder der Skiflugschanze in Oberstdorf macht sich das bemerkbar, aber reich wirst du durch die Ersparnis nicht. Interessant wird die Karte eigentlich erst an den Parkautomaten. Da spart man sich oft das Kleingeld-Geklimper und bekommt Sondertarife.

Richtig spannend wird die AWC aber durch das Upgrade-System. Das ist ein bisschen wie bei Billigfliegern: Der Sitzplatz ist da, aber das Essen kostet extra. Du kannst auf die Karte Pakete aufbuchen lassen, etwa die "VIELcard". Die kostet einen Pauschalpreis und schaltet dann Attraktionen frei, die sonst richtig ins Geld gehen würden. Einmal zahlen, danach überall durchs Drehkreuz. Für Familien, die in einer Woche drei Bergbahnen und zwei Spaßbäder abreißen wollen, ist das oft der bessere Deal als Einzelpreise. Man muss sich aber vorher hinsetzen und rechnen. Wer den ganzen Tag nur auf einer Wiese liegt und den Kühen beim Kauen zuschaut, braucht das Upgrade nicht.

Die Allzweckwaffe: KönigsCard

Wenn du im Ostallgäu, im Ammergebirge oder rüber ins Tiroler Außerfern fährst, ändert sich das Spiel. Hier regiert die KönigsCard. Und die funktioniert anders. Sie ist eine sogenannte "Umlagekarte". Das heißt für dich: Du kannst sie nicht kaufen. Du musst bei einem Gastgeber wohnen, der bei diesem System mitmacht. Der Wirt zahlt pro Nacht einen Beitrag an die Betreibergesellschaft, und dafür bekommst du die Karte "gratis". Das klingt super, hat aber einen Haken: Unterkünfte mit KönigsCard sind oft ein paar Euro teurer als die ohne. Logisch, der Wirt holt sich das Geld ja irgendwie zurück.

Aber wenn du sie hast, ist sie der Hammer. Im Ernst. Über 200 Leistungen sind komplett inkludiert. Das ist kein Rabatt-Gedöns, sondern ein Freifahrtschein. Du gehst zur Alpspitzbahn in Nesselwang, hältst die Karte an den Leser und fährst hoch. Du gehst ins Schwimmbad in Pfronten, Karte scannen, drei Stunden planschen, null Euro zahlen. Sogar im Winter sind Skipässe (zeitlich begrenzt, meist 3 Stunden oder Tagesskipässe je nach Gebiet) dabei. Das Gefühl, an der Kasse einfach durchzuwinken, während andere das Portemonnaie suchen, hat schon was. Besonders im Sommer, wenn eine Berg- und Talfahrt für eine vierköpfige Familie sonst schnell mal 80 Euro verschlingt.

Ein kleines Detail am Rande, das oft vergessen wird: Die KönigsCard gilt auch am Anreise- und Abreisetag. Wer also früh ankommt, kann theoretisch direkt auf den Berg, bevor das Zimmer überhaupt fertig ist. Das Mittagessen auf der Hütte schmeckt gleich besser, wenn die Gondelfahrt nichts gekostet hat.

Die Lokalpatrioten: Bad Hindelang PLUS und Oberstaufen PLUS

Jetzt wird es kleinteilig, aber wichtig. Manche Orte haben sich gesagt: "Das können wir besser" und eigene Süppchen gekocht. Bad Hindelang und Oberstaufen sind die Vorreiter dieser "PLUS"-Systeme. Das Prinzip ähnelt der KönigsCard: Du musst beim "richtigen" Vermieter wohnen, um die Karte zu kriegen. Kaufen is nich.

In Oberstaufen ist das fast schon Kult. "Oberstaufen PLUS" war eines der ersten Systeme dieser Art. Der Clou hier ist die Wahlfreiheit. Im Winter kannst du dich oft entscheiden: Willst du heute den Skipass für das Hündle-Gebiet oder lieber freien Eintritt ins Erlebnisbad Aquaria? Beides geht meist nicht an einem Tag, oder nur mit Aufpreis. Das zwingt einen morgens beim Frühstück schon zu Entscheidungen, was für entspannte Urlauber stressig sein kann. Aber der Gegenwert ist enorm. Wer in Oberstaufen wohnt und PLUS hat, zahlt fürs Skifahren faktisch nichts extra. Das zieht natürlich Leute an.

Bad Hindelang macht es ähnlich, aber mit einem stärkeren Fokus auf sanften Tourismus und Naturliebhaber. Hier sind die Busse ein riesiges Thema. Mit der "PLUS"-Karte kommst du bis ins hinterste Hinterstein und von dort mit dem Giebelhausbus (der sonst extra kostet und nicht billig ist) tief ins Naturschutzgebiet Allgäuer Hochalpen. Für Wanderer, die keine Lust haben, ihr Auto auf überfüllte Wanderparkplätze zu quetschen, ist das Gold wert. Die Hornbahn ist natürlich auch dabei. Im Winter gibt es auch hier Skipass-Optionen. Es ist ein sehr rundes Paket, wirkt aber manchmal etwas exklusiver, weil Bad Hindelang ohnehin nicht der günstigste Fleck auf der Landkarte ist.

Unterwegs: Busfahren für lau

Apropos Bus. Das ist im Allgäu so eine Sache. Jahrelang war der ÖPNV hier eher ein Gerücht als ein verlässliches Verkehrsmittel. Das hat sich gebessert. Mit fast allen Kur- und Gästekarten kannst du die Busse in der direkten Umgebung kostenlos nutzen. Aber Vorsicht: Die Teufel stecken im Detail. Die Allgäu-Walser-Card gilt oft im gesamten Landkreis Oberallgäu für den Bus, aber wenn du über die Grenze nach Tirol fährst, braucht es manchmal ein Zusatzticket. Oder auch nicht, je nach Linie. Die Busfahrer sind da meistens kulant – ein freundliches "Servus" und das Vorzeigen der Karte reichen oft. "Passt scho", nuscheln sie dann.

Bei der KönigsCard ist der Radius riesig, weil er sich über zwei Bundesländer und Tirol erstreckt. Du kannst theoretisch von Füssen nach Reutte und weiter ins Lechtal fahren. Das Problem ist hier eher der Takt. Wer den letzten Bus verpasst, steht in der Pampa. Taxis sind im ländlichen Raum teuer. Also: Karte nutzen, ja, aber Fahrplan checken, und zwar den aktuellen, nicht den von 2018, der noch vergilbt an der Haltestelle hängt.

Die Psychologie des "Gratis"-Urlaubs

Es gibt da einen psychologischen Effekt, den man nicht unterschätzen sollte. Wenn man so eine "All-Inclusive"-Karte hat, neigt man dazu, sich Stress zu machen. "Wir müssen heute noch ins Museum, das ist ja umsonst!", hört man oft gestresste Eltern zu ihren quengelnden Kindern sagen. Man rennt von Attraktion zu Attraktion, nur um den "Wert" der Karte voll auszuschöpfen. Das ist Bullshit. Urlaub ist zur Erholung da.

Manchmal ist es besser, die Karte einfach in der Tasche zu lassen und einen Tag lang nur am Forggensee zu sitzen und Steine ins Wasser zu werfen. Das kostet eh nichts, mit oder ohne Karte. Die Karte sollte ein Möglichmacher sein, kein Sklaventreiber. Andererseits: An einem verregneten Dienstag im November ist man heilfroh, wenn man für drei Stunden ins Hallenbad kann, ohne 30 Euro Eintritt zu blechen, nur weil einem in der Ferienwohnung die Decke auf den Kopf fällt.

Fazit: Rechnen oder Lächeln?

Lohnt sich das alles? Kurze Antwort: Ja, für Aktive. Wer jeden Tag etwas unternehmen will – Seilbahn, Klamm, Museum, Bad –, der spart mit KönigsCard, Oberstaufen PLUS oder Bad Hindelang PLUS massiv Geld. Wir reden hier schnell von mehreren hundert Euro pro Woche für eine Familie. Wer diese Karten nutzen will, muss seine Unterkunft gezielt danach aussuchen. Auf den Buchungsportalen gibt es oft Filter dafür. Achte auf das Logo der Karte bei der Buchung. Wenn es fehlt, hast du Pech gehabt, Nachbuchen geht bei den Umlagekarten nicht.

Für diejenigen, die vor allem Ruhe suchen, viel wandern (ohne Bergbahn) und abends lecker essen gehen, reicht die normale Allgäu-Walser-Card völlig aus. Man muss nicht für Leistungen bezahlen (über den höheren Zimmerpreis), die man gar nicht nutzt. Das Allgäu ist auch schön, wenn man nicht alle zwei Stunden eine Plastikkarte durch einen Scanner zieht. Die Luft ist umsonst, und der Blick auf die Alpenkette, wenn sie im Abendrot glüht, ist sowieso unbezahlbar.

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